Wein- und Sektalternativen sind gefragt – Aber warum?

Und schmeckt das wie „richtiger“ Wein? Das sagen Hersteller und Winzer.

Ob Geburtstag, Hochzeit, Beförderung, bestandene Prüfung oder einfach nur Feierabend: Es kann viele Anlässe geben, zu denen man gern mit einem Gläschen Wein oder Sekt anstößt. Vermehrt kommen dazu auch alkoholfreie Pendants auf den Tisch. Sind alkoholfreie Weine und Sekte ein neuer Trend? „Ein Trend ja, ein neuer nicht unbedingt, aber ein wachsender Trend.“

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Philipp Rößle beantwortet die Frage, ob alkoholfreier Wein wie „normaler“ Wein schmeckt so: „Man entnimmt dem Produkt ja 10 Prozent seines Bestandteils, das kann nicht identisch schmecken“, sagt der Geschäftsführer des Berliner Unternehmens Kolonne Null mit Blick auf den Entalkoholisierungsprozess.

Dass alkoholfreie Weine und Sekte gut schmeckende Essensbegleiter für einen besonderen Anlass seien können, daran glaubt er aber fest. Seit 2018 ist Rößle mit Kolonne Null auf dem Markt alkoholfreier Weine aktiv. Gegründet hat er das Unternehmen mit einem Kompagnon, inzwischen sei er alleiniger Geschäftsführer. Damals sei alkoholfreies Bier bereits überall präsent gewesen, aber ein Weinpendant, das zum Essen getrunken werden kann, hätten er und sein Firmenmitbegründer vermisst. Sie hätten viele alkoholfreie Weine verkostet und für sich die Erkenntnis gewonnen, dass viele Firmen das Thema stiefmütterlich behandeln.

„Das hat uns nicht losgelassen“, sagt Philipp Rößle. Als junges Unternehmen wachse Kolonne Null ohnehin schnell. Aber auch bei den Wettbewerbern bekomme er mit, dass die Nachfrage nach den alkoholfreien Alternativen steigt. „In den letzten zwei Jahren hat es noch mal angezogen.“ Warum Menschen lieber zu alkoholfreiem Wein und nicht zu Saft oder Wasser greifen, erklärt sich Rößle folgendermaßen: „Es hat auf jeden Fall etwas mit Zelebrieren zu tun, damit, sich etwas zu gönnen.“ Man trinke eben lieber Wein aus dem Weinglas, auch entalkoholisierten.

Beim Konsum alkoholfreier Alternativen spiele zudem ein gesundheitsbewussterer Lifestyle eine Rolle. Gerade die jüngere Generation, meint Rößle, sei wohl gesundheits- und umweltbewusster. „Ich glaube, da findet eine Veränderung statt.“

Seine Weine bezieht der Unternehmer von etwa zehn Winzern, einige von ihnen kommen aus Rheinland-Pfalz. Von der Nahe sind die Weingüter Anette Closheim und Poss bei Kolonne Null vertreten. „Wir entwickeln die Weine zusammen“, sagt Rößle über die Partnerbetriebe – sie liefern die Weine, Kolonne Null das Know-how in Sachen Entalkoholisierung. Die alkoholfreien Produkte würden im Labor des Berliner Unternehmens entwickelt, „in Rücksprache mit dem Winzer“, betont Rößle. Auch bei Kolonne Null kommt das Vakuumdestillationsverfahren zum Einsatz. Wichtig sei es, die weintypischen Aromen zu erhalten.

Am Ende sei nicht jeder Wein zur Entalkoholisierung geeignet. Pauschalisieren wolle er hier allerdings nicht, meint Rößle. Den Weinen werde der Alkohol bis auf einen Restgehalt von maximal 0,3 Volumenprozent entzogen. Mit Anette Closheim aus Langenlonsheim hat Kolonne Null einen alkoholfreien Riesling, 2020er-Jahrgang, auf den Markt gebracht. Im Online-Shop von Kolonne Null ist er bereits ausverkauft. Für ein Nachfolgeprodukt, sagt Rößle, sei man gerade in der Verkostungsphase. Anette Closheim sagt: „Ich habe das Thema ,alkoholfrei‘ lange belächelt.“ Jedoch nur so lange, bis Kunden nach alkoholfreiem Wein gefragt hätten.

Natürlich gebe es den klassischen Fall der Schwangeren, die keinen Alkohol trinken dürfe, aber auch Kunden, die zwischendurch bewusst auf Alkohol verzichten möchten. Die Rückmeldungen, die sie bisher zum alkoholfreien Riesling bekommen hat, seien durchweg positiv gewesen. Und das gemeinsame Vermarktungssystem mit Kolonne Null biete Synergieeffekte.

Auch Karl-Hans Poss sieht in der Zusammenarbeit mit Kolonne Null einen Marketingvorteil: „Den Namen Poss verbindet man mit Burgunder, nicht mit alkoholfreien Produkten“, sagt Poss, der das Weingut in Windesheim mit seinem Bruder Harald Poss betreibt. Gerade als Essensbegleiter könne alkoholfreier Wein passen und eine Alternative für Autofahrer sein. Gemeinsam mit Kolonne Null bietet das Weingut Poss eine Burgunder Cuvée an. „Das läuft super gut“, sagt Karl-Hans Poss. Er glaubt, dass der Markt für alkoholfreie Alternativen noch wachsen wird. Doch die alkoholfreien Produkte müssten sich „erstmal in den Gedanken der Menschen verankern“.

 

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Autor*in: Cordula Sailer

Erschienen: Rheinzeitung Koblenz